Guten tag Ihr Lieben,
hier kommt der Artikel mit dem zweiten Denkzettel, den ich Euch und mir verpasse!
02. Alt wie ein Baum
Jeder einzelne Baum trägt schwere Lasten. In unseren Gefilden drückt ihn im Winter doch nicht allzu selten schwere Schneelast. Immer häufiger beuteln ihn Stürme und Starkregenfälle. Was die menschliche Zivilisation in die Luft bläst, verursacht bei Bäumen nach wie vor oft Atemnot, obwohl es zumindest den Bäumen in Nordrhein-Westfalen inzwischen wieder besser gehen soll. All das nötigt den Baum zu ausgewachsenem Angstwuchs. Und als Symbol für das Leben im Allgemeinen muss er auch noch die Wurzeln, den Stamm, die Äste und die Blättern oder Nadeln hinhalten. Er selbst hat nichts davon. Und vor all diesem Elend können sie nicht davon laufen. Und jetzt kommt auch noch diese Paula, die ursprünglich anders heißt, daher und gibt auch noch ihren ganz persönlichen Senf dazu. Sie meint es zwar gut. Aber das sagen sie alle. Und wer wüsste nicht, dass das Gegenteil von gut getan allzu oft gut gemeint ist. Objektiv betrachtet ist ihr Verhältnis zu den Bäumen von Sentimentalität geprägt. Das ist zwar eine vergleichsweise harmlose Haltung, hat aber noch nie einen Baum auf irgendeine Weise entlastet oder auf andere Art geholfen. Aber sie bleibt sich immerhin treu und belässt es bei einer schlichten Form der Gefühligkeit und dichtet sich nicht auch noch geschwollene Verse und Reime zusammen. Wie sie auf diesen Verzicht kommt, Könnt Ihr unter
https://texthaseonline.com/2012/12/20/ich-bin-dicht/ lesen.
Grob fahrlässig den Bäumen gegenüber handelt sie bezogen auf den Titel, den sie für diesen Beitrag gewählt hat. Denn es darf eigentlich nicht um einen Baum gehen. Denn viele einzelne Bäume säumten in den 50 Jahren ihres Lebens ihren Lebensweg. Das nicht jeder einzelne Baum in diesem Beitrag erwähnt werden kann, ist die einzige Entschuldigung, die zu ihrer Entlastung angeführt werden kann. Und auch ihre dankbare Haltung bezogen auf jede Begegnung mit einem oder mehreren Bäumen ist ein positiver Aspekt und zwar nicht nur, weil er zu der Paula passt. Jede einzelne Erinnerung an eine Begegnung mit Bäumen löst große Freude bei ihr aus. Das gilt in besonderer Weise für die Erinnerungen an Bäume, die in diesem Beitrag versammelt sind, die wie alles, was in dieser Beitragsserie steht, keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben.
Es gibt nicht nur viele Gedichte über Bäume. Auch das Liedgut ist von einem wahren Wald bevölkert. Das soll angeblich in besonderer Weise für den deutschsprachigen Raum gelten. Aber sei’s drum! Hier kommt der Text eines Liedes, das ich mindestens schon seit Beginn der achtziger Jahre kenne, und das wir als Jugendliche in der Blindenschule in Düren sehr oft gesungen haben, wenn der Pit da war und die Klavierbekleidung gespielt hat.
Puhdys
Dieser und andere Songtexte sind auf http://www.songtexte.de zu finden.
ALT WIE EIN BAUM SONGTEXT
Alt wie ein Baum möchte ich werden, Genau wie der Dichter es beschreibt.
Alt wie ein Baum mit einer Krone die weit, weit, weit, weit
Die weit Über Felder zeigt.
Alt wie ein Baum möchte ich werden
Mit Wurzeln, die nie ein Sturm bezwingt.
Alt wie Baum, der alle Jahre so weit, weit, weit, weit
Kindern nur Schatten bringt.
Alle meine Träume – yeah – fang ich damit ein- yeah – alle meine Träume – yeahyeah -Zwischen Himmel und Erde zu sein
Zwischen Himmel und Erde zu sein.
Alt wie ein Baum möchte ich werden, Genau wie der Dichter es beschreibt.
Alt wie ein Baum mit einer Krone die weit, weit, weit, weit
Die weit über Felder zeigt.
Alle meine Träume – yeah – fang ich damit ein- yeah – alle meine Träume – yeahyeah -Zwischen Himmel und Erde zu sein
Und hier könnt Ihr das Lied Hören
https://www.youtube.com/watch?v=lpipcap1R40.
Meine älteste Erinnerung bezogen auf Bäume geht in meine frühe Kindheit zurück. Im Alter zwischen zweieinhalb und fünf Jahren besuchte ich mit unserer Hündin Alma so oft als möglich eine Baumgruppe in unmittelbarer Nähe meines Elternhauses. Die Alma war eine schwarze mittelgroße Mischlingshündin, die meinem Vater viele Jahre als Hütehunden gedient hatte und ihren wohlverdienten Lebensabend in unserer Familie verbrachte. Sie war für mich eine große Freundin. Die Baumgruppe befand sich in Rufweite unseres Hauses. Man musste nur über den Hof, über einen schmalen Schottere und ein kleines Stück Wald gehen, um die Vierergruppe zu erreichen. Die Wurzeln der Bäume bildeten ein Quadrat, in dem Moos wuchs. Einer der Bäume hatte einen Stamm, der in Höhe von etwa einem Meter eine Krümmung aufwies, die fast 90 Grad betrug. Oberhalb des Winkels wuchs der Baum in einer leichten Steigung nach oben. An diesen Baum gelehnt habe ich oft ein Nickerchen gehalten, obwohl ich ja überzeugend behauptet habe, ich wäre schon so alt und groß, dass ich keinen Mittagsschlaf mehr brauchte. 😉 Und auch, wenn ich nicht schlief, was ebenfalls häufig vorkam, gab es keinen besseren Platz, um Wärme und Kraft zu tanken von Moos, Hund und Bäumen. Obwohl ich Bäume von je her liebe und gern in ihrer Nähe bin, wollte ich nie hoch hinaus und auf sie hinaufklettern. Aber den krummen Baum bin ich manchmal bis über den Winkel, den der Stamm bildete, hinaufgeklettert.
Anders als meine jüngste Schwester waren und sind Mut und Mut zur Höhe nicht meine Stärken. Meine Eltern haben übrigens für jeden von uns fünf einen Haselnussbaum gepflanzt. Ob sie noch alle leben? Schließlich wurden Haus und Hof im Oktober 2014 verkauft und umgestaltet. Auch mein Vater ist in Sevelen geboren wie wir und hatte einen Lebensbaum, den seine Eltern für ihn gepflanzt hatte. Aber vor allem meine Mutter liebte Pflanzen und auch Bäume.
Kastanien müssen erwähnt werden. Auf dem Gelände der Blindenschule Düren gab es eine Stelle mit drei Kastanienbäumen. In den Jahren von 1972 bis zum Herbst 1982 habe ich jedes Jahr Kastanien gesammelt und war verärgert darüber, dass doch eine beträchtliche Anzahl der Früchte auf die Dächer von zwei Wohnhäusern fiel und damit unerreichbar waren. Dieser bezaubernde Geruch bei den Bäumen, und der von den stacheligen Kugeln ausging, ist mir immer noch in Erinnerung geblieben und gibt diese charakteristische Restwärme, Erd- und Luftfeuchte ab, die Kraft und Hoffnung spendet. In den ersten Jahren haben wir immer so viele Kastanien gesammelt, dass die untere Schublade unserer Nachtschränkchen bis an den Rand gefüllt waren. Wir haben auch die typischen Bastelarbeiten gemacht. Aber der größte Teil beflügelte unsere Phantasie, wenn wir Mittagsruhe halten mussten oder aus einem anderen Grund auf unser Zimmer geschickt wurden. Ob ganz rund oder mit einer flachen Seite, jede Frucht gehörte für uns zum Zwergvolk der Kastanias, die über besondere Heilkräfte verfügten und für die anderen Völker, zum Beispiel für die Spangen und Schleifen sehr nützlich waren, auch weil sie sich unbemerkt in die hintersten Ecken rollen konnten, um zu spionieren. Und natürlich gehörten sie zu den Guten. Für ihren guten Ruf habe ich mich immer wieder gegen meine Freundinnen durchgesetzt, die es lieber gehabt hätten, wenn ihre Bürsten und Kämme die guten Geister gewesen wären.
Später habe ich mit den jüngeren Kindern aus meiner Gruppe Kastanien gesammelt. Im Jahr 1982 haben wir den Kofferraum des Kombis bis zum Rand mit Kastanien befüllt, denn die Kastanien waren als Dankeschön für den Tierpark bestimmt, in dem unsere drei Kleinen eine Extraführung bekommen hatten, um Reh, Wildschwein, Fuchs und Marder einmal ungestört hautnah kennenlernen zu dürfen.
Im Jahr 2003 kehrte ich an den Niederrhein zurück und ging jeden Tag von meinem Elternhaus zu meiner Wohnung im Dorfkern. An der Landstraße wachsen links und rechts Bäume. Und ich bin oft an einem der Bäume stehen geblieben, um mich anzulehnen und den Baum anzufassen. Dabei entdeckte ich einen Baum, der in guterreichbarer Höhe ein Loch in der Rinde hatte. Es war so tief, dass meine Faust genau hineinpasste. Vor allem auf dem Rückweg in meine Wohnung habe ich manchmal länger als zehn Minuten an diesem baum gestanden und meine linke Faust in das Loch gelegt. Beschwerden kamen nie! 😉 Aber immer tat das Innehalten und die Berührung gut.
Glaubt, fühlt und denkt, was Ihr wollt, wenn Ihr lest, worüber ich zu guter Letzt schreibe. In dem Winter, in dem der Sturm Kyrill in Deutschland wütete, konnten viele Bäume in meiner niederrheinischen Heimat nicht mehr stand halten. Um diese Zeit starb auch die Tochter meiner Cousine im Alter von nur sieben Jahren. Das war Anfang Januar. Sie hatten uns immer besuchen wollen, auch weil die kleine Lotti wie meine Mutter besonders naturverbunden war. Und obwohl wir keinen regelmäßigen Kontakt miteinander hatten, habe ich im Winter und im Frühling des Jahres 2007 ganz oft, während ich die alle an der Landstraße entlang ging, daran gedacht, wie sehr ich es bedauere, dass Charlotte die Baumreihen und den See hinter der einen Straßenseite niemals kennengelernt hat. Ich hatte ab und zu sogar den Eindruck, dass sie neben mir herginge. Der Sturm hatte aber nicht nur ganze Bäume umgerissen, sondern auch große Äste gelockert. Und als ich an einem frühen Nachmittag auf dem Heimweg war, hatte ich wieder einmal den Eindruck, als ob das Kind bei mir wäre, und als ob es plötzlich stehen blieb. Aber auch ein Baum, der eine Armeslänge vor mir stand, schien sich als Sperre zur Seite zu legen. Dabei verlor er nur einen großen Ast, der von Kyrill gelockert worden war, ohne dass sich in diesem Augenblick auch nur ein Lüftchen regte. Nicht zutiefst erschrocken, aber verdutzt und sofort auch erleichtert, blieb ich stehen, und der Ast fiel krachend vor mir auf den Boden.
Was ich übrigens auch gerne tue, ist, mich unter einen Baum setzen und lesen. In der Weihnachtszeit fand ich es immer ärgerlich, dass wir uns dem Baum, nachdem er geschmückt worden war, nur noch nähern durften, um die Kartons mit den Geschenken darunter hervorzuholen. Dabei blieb der Baum immer bis zum sechsten Januar. Obwohl unser Garten sehr klein ist, gibt es in ihm Gott sei dank zwei Bäume. Die warme Lesezeit kann also dann auch wieder kommen! 😉
Mögen viele Bäume Euren Lebensweg säumen!
Liebe Grüße
Christiane (Paula Grimm bei Texthase Online)
Hat dies auf Nekos Geschichtenkörbchen rebloggt.
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